Lesen Sie den Konzertbericht des Willisauer Boten vom 28.5.19:
Grandioser Klangkörper, präzises Spiel
Zum grossen Finale von Reto Güdel konzertierte die Stadtmusik Willisau am vergangenen Wochenende in der zweimal voll besetzten Festhalle. Das Orchester bot ein fantastisches Spiel.
von Cornelia Schmid
Die fünfte Auflage von Cinema in Concert, die sechste Auflage eines Konzertes mit den Streichern, vereinte mehr als 70 Musiker auf der Bühne. Zum einen die in voller Harmoniebesetzung der 1. Stärkeklasse spielende Stadtmusik, zum anderen interessierte und begeisterte Streicher aus dem ganzen Kanton. Die Streicher wurden vornehmlich durch Mund-zuMund-Werbung für dieses Projekt rekrutiert.
Einheit in Bild und Ton
Grosse Komponisten mit ihren Soundtracks und ebenso beeindruckende Filme standen auf dem Programm. Ein Konzert, das rundum grossartig inszeniert wurde. Angefangen bei der festlichen Dekoration der Halle, wofür sich das Kreativteam verantwortlich zeichnete, bis hin zur visuellen Gestaltung mit entsprechender Beleuchtung und Bildern, ausgeführt von Michael Zeier. Carmen Zihlmann leitete durch das Programm. Sie wusste zu jedem Titel eine kurze, informative Einleitung zum Film sowie zur Musik zu präsentieren. Dank der Grossleinwand hinter dem Orchester wurden die Werke als Einheit von Bild und Ton für das Publikum zum Cinema in Concert.
Vielseitigkeit der Filmmusik
Das Konzertprogramm wurde abwechslungsreich gestaltet. Es gelang den Musikern hervorragend, die vielen Facetten der Filmmusik dem Publikum nahezubringen. Schon nach wenigen Takten wähnte man sich in der grossen Welt der Filmfabrik. «The Magnificent Seven» von Elmer Bernstein bot einen grandiosen Auftakt zum Abschiedskonzert von Reto Güdel. Mit «The Prince Of Tides» von James Newton Howard zeigte das Orchester auf, wie sehr Gefühle durch Musik verstärkt werden können. Sehr berührend, emotional, präzise, tonal in absoluter Reinheit wurde das Werk vorgetragen. Jedes einzelne Instrument schien man zu hören und trotzdem ertönte die Melodie als Gesamtwerk. Berührend war es insofern, als dass man die Musik nicht nur übers Ohr aufnahm, sondern sie auch im Herzen spüren konnte.
Anspruchsvolles Klarinetten-Solo
Es folgten zwei Titel aus der Feder von John Williams. «The Cowboys», die typische Musik zum Viehtrieb im Wilden Westen, und «The Terminal», mit der Hintergrundgeschichte des am Flughafen festsitzenden Passagiers ohne Pass. Der junge, 25jährige Klarinettist, Manuel Müller, performte das anspruchsvolle Solo. Sicher und überzeugend war sein Auftritt sowohl in den virtuosen Passagen als auch im gefühlvollen Teil. Auf Wunsch spielten die Musiker als dann aus dem Sydney Pollak Film «Out Of Africa» die Titelmelodie. Der Mix Bläser und Streicher ging fliessend in einander über und gönnte dem Zuhörer seine eigene kleine Träumerei.
Mit «The Dark World» aus Thor, ein fünfteiliges Werk des jungen Brian Tyler aus Los Angeles, ging es weiter. Was für ein grandioser Abschluss des ersten Teils! Eine leicht verständliche Melo die zog sich ebenso durch das gesamte Stück hindurch wie der beharrliche Rhythmus der Trommel, unterbrochen von einem romantischen Teil, um wie der zurückzukehren zum Thema und dem starken Rhythmus. Bereits zur Pause war man sprachlos fasziniert von den Vorträgen und voller Vorfreude auf das, was noch kommen sollte.
Publikum mit viel Respekt
Mit dem Oscar gekrönten Soundtrack von «Star Trek» (Jerry Goldsmith) ging es nach der Pause mystisch weiter. Liebe, Sehnsucht und Melancholie zauberte anschliessend Konzertmeister Andri Mischol mit seiner Violine auf die Bühne. «Ladies In Lavender» von Nigel Hess wurde angespielt. Hervorragend vom Bildtechniker in Szene gesetzt, gehörte die Bühne dem Solisten, während das Orchester ihn dezent begleitete. Das Publikum seinerseits zollte diesem Vortrag vollen Respekt, in dem man den letzten Ton bis zum Schluss in der Halle verklingen liess, den Solisten seinen Streichbogen senken liess, das Licht ausgehen liess und erst dann zum Applaus ansetzte. Grossartig!
Mit der lüpfig leichten, dennoch schnellen Tonfolge in der Polka «Pie-In-The-Face» stimmten die Musiker einen unverkennbaren Titel von Henry Mancini an. Schliesslich folgte ein 17-minütiges Werk aus den Walt Disney Studios. «Hercules» von Alen Menken forderte eine enorme Konzentrationsleistung der Musiker. Es war der letzte offizielle Titel des Abends.
Mehr noch: Es war das letzte offizielle Stück, dirigiert von Reto Güdel. Dieser, seit 1999 Dirigent der Stadtmusik Willisau, war sozusagen auf dem Gipfel des Olymps angekommen. Lang anhaltender Applaus, Verneigung für einen begnadeten Dirigenten, Applaus auch für seine Gattin, Evi Güdel-Tanner, für die Instrumentationen und Arrangements. Applaus und Respekt für 20 Jahre Euphorie.
Er hinterlässt grosse Fussstapfen
Noch einmal durfte man sich im Saal von der grossartigen Arbeit des Dirigenten überzeugen. Noch einmal bekam man seine begnadete Art der Orchesterleitung zu spüren. Durfte sehen, wie geduldig er war, abzuwarten, bis alle Musiker bereit waren, bis das Publikum still war, bevor er den ersten Schlag ansetzte. Reto Güdel hatte die Herkulesaufgabe, eine Generation lang die Stadtmusik Willisau zu leiten, mit Bravour erfüllt. Nun legt er den Dirigentenstab zur Seite. Dem Orchester bleibt Zeit, in Ruhe eine neue Dirigentin oder einen neuen Dirigenten zu finden. Es sind wahrlich grosse Fuss stapfen, die Reto Güdel hinterlässt. Es ist dem Orchester zu wünschen, dass es eine Führung finden wird, die genauso viel pädagogisches Geschick und musikalisches Knowhow und auch ein Quäntchen Humor haben wird wie der bisherige Leiter. Es ist auch zu hoffen, dass der künftige Dirigent oder die Dirigentin genug Elan mitbringt, um eigene, neue Spuren zu ziehen.
Mit den Stücken «The Godfather» von Nino Rota und «Die Olsenbande» von Bent Fabricius verabschiedete sich das Orchester. Ein Orchester, das eine unbeschreibliche Qualität vorzuweisen hatte, einen grandiosen Klangkörper und ein fantastisches, präzises Spiel bot.